
Fleißig bewerben, dann findet sich ein Job? Wer durch Krankheit ausgebremst wird, tut sich schwer, wieder einzusteigen – gerade in der Pandemie. In Bergisch Gladbach ist die Lösung ein innovatives Konzept aus Medizin, Coaching und Arbeitsvermittlung. „Gesundheit. Arbeit. Teilhabe. (G.A.T.)“ ist erfolgreich gestartet.
Wer nach längerer Pause wieder Sport macht, braucht ein Trainingsprogramm, um sich nicht zu überfordern. Alles fühlt sich etwas wackelig an und Bewegungen sind unsicher. So ähnlich geht es Menschen nach langer Arbeitslosigkeit. Denn häufig leidet darunter auch die Gesundheit: Etwa ein Drittel der Leistungsberechtigten der Jobcenter in Deutschland haben eine psychische Erkrankung, schätzen Experten. Die Coronakrise mit den Kontaktbeschränkungen hat die Isolation vieler Betroffener noch einmal verstärkt.
„Dieser Kreislauf lässt sich durchbrechen – wenn man die Gesundheit, private Herausforderungen und den beruflichen Weg ganzheitlich angeht. Denn wer gesund wird, dem gelingen wieder mehr soziale Kontakte und das wirkt sich auf die beruflichen Chancen aus“, sagte Michael Schulte, Geschäftsführer des Jobcenter Rhein-Berg in Bergisch Gladbach.
Dafür hat das Jobcenter gemeinsam mit dem Jobcenter Kreis Recklinghausen das Projekt „G.A.T. – Gesundheit. Arbeit. Teilhabe.“ entwickelt. G.A.T. kombiniert eine Gesundheitsförderung mit sozialer Unterstützung und einer individuellen Berufsberatung. Bisher mussten sich Betroffene dafür an mehrere Stellen wenden, was Zeit und Kraft kostet und Lösungen weiter verzögert. Bei G.A.T. finden die Teilnehmenden Unterstützung und Beratung an einem Ort: Ansprechpartner:innen des Jobcenters, Gesundheitsberatung und Coaching für den Berufseinstieg. Nach einem Jahr und mehr als 300 Teilnehmenden zogen die Beteiligten auf einer Pressekonferenz am Dienstag (30. November) eine erste erfolgreiche Bilanz.
Für G.A.T. haben vier Träger ein interdisziplinäres Team aufgebaut. Das Jobcenter arbeitet in der Begleitung seiner Kund:innen mit dem Verein „Die Kette“ e.V., dem Weiterbildungsunternehmen SRH Business Academy GmbH und dem Anbieter für Gesundheitsmaßnahmen Softdoor GmbH zusammen.
Das Jobcenter ermittelt, für wen sich G.A.T. eignet. Die SRH Business Academy und Softdoor übernehmen die Diagnostik der gesundheitlichen und persönlichen Situation. Die Kette e.V. bietet gemeinsam mit dem Jobcenter dazu passende Maßnahmen wie ein Gesundheits-, Sozial- und Integrationscoaching an. „Durch die Expertise der vier Träger können wir die Teilnehmenden ohne Unterbrechungen und Wartezeiten unterstützen: von der Gesundheitsberatung über die berufliche Analyse bis zum Bewerbungscoaching“, so Schulte.
„Durch eine standardisierte Analyse ermittelt die Teilnehmenden ihre Fähigkeiten, Interessen und Neigungen. Daraus können wir klare, individuelle Wege aufzeigen“, sagte Marco Reis von Softdoor. „Nach der Diagnostik geht jede und jeder mit einer Perspektive zu Gesundheit, Arbeit und Teilhabe aus der Beratung, etwa einem Bewerbungscoaching. Anschließend können die Teilnehmenden diese Empfehlungen im Case-Management angehen. Dafür werden sie bis zu ein Jahr begleitet“, ergänzte SRH-Bereichsleiter Markus Homburg.
Das kann ein Sozialcoaching sein: Viele müssen nach einer Erkrankung wieder eine Tagesstruktur und ein Netz aus Kontakten aufbauen. Oder Betroffene werden von anderen Betroffenen im Umgang mit der Krankheit beraten. Für jeden entwickelt das Team in gemeinsamen Fallkonferenzen das passende Angebot. „Neue Ideen können wir dadurch schnell umsetzen und bei Veränderungen kurzfristig reagieren. Zusammen schaffen wir so neue Methoden und kurze Wege für die Betroffenen“, erklärte Vorstandsmitglied Claudia Seydholdt von der Kette e.V.
G.A.T. wird als Teil des Programms „Innovative Wege zur Teilhabe am Arbeitsleben – rehapro“ mit insgesamt rund 25 Mio. Euro vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert und läuft bis Juli 2024. Der Erfolg zeigt sich bereits nach dem ersten Jahr: Viele Teilnehmenden konnten ihre persönlichen Umstände erheblich verbessern, 16 haben sogar eine neue Arbeitsstelle gefunden. „Trotz Corona und der widrigen Umstände haben die Teilnehmenden die Unterstützung sehr gut angenommen. Sie finden Wege aus der Einsamkeit, fühlen sich ernst genommen. Wir wollen mit G.A.T. weiter solche nachhaltigen Lösungen für Teilhabe schaffen“, fasste Schulte zusammen.
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